Interview Audio Infos über das online-Hörtraining Verheyen
AUDIO INFOS N°173 September 2015
„DER SCHWERHÖRIGE MUSS AUS SEINER PASSIVITÄT HERAUSKOMMEN“ JANA VERHEYEN ÜBER IHR AUDIO COACHING INTERVIEW von Dennis Kraus [email protected] www.audioinfos.de Da sie ihrer ursprünglichen Arbeit in der Werbung und im Marketing wegen einer zunehmenden Hörminderung nicht mehr nachgehen konnte, machte sich Jana Verheyen als Audiotherapeutin und Beraterin für Schwerhörige, Akustiker und Hörgeräte-Hersteller selbstständig. Ganz hinter sich gelassen hat die Hamburgerin die Werbung allerdings nicht – ein Gespräch über Schwerhörigkeit im Arbeitsalltag und Werbung für Hörgeräte. Frau Verheyen, als Audio Coach bieten Sie Schwerhörigen, an Tinnitus oder Hyperakusis Leidenden und CI-Trägern sowie deren Arbeitgebern Unterstützung an. Wie kann man sich Ihre Arbeit vorstellen? Ich berate und unterstütze schwerhörige Privatpersonen zu der Frage, wie sie die negativen Folgen einer Schwerhörigkeit so weit wie möglich reduzieren können. Außerdem halte ich Vorträge in Unternehmen und Seniorenheimen. Denn auch wenn das Thema Schwerhörigkeit in der Öffentlichkeit bisher von sehr geringer Bedeutung ist, sind Arbeitgeber und Seniorenheim-Leiter durchaus bereit, Vorträge für ihre Angestellten und Bewohner halten zu lassen. In Unternehmen findet das häufig im Rahmen eines Gesundheitstages statt. Für solche Vorträge hole ich dann auch einen Hörgeräteakustiker mit ins Boot. Was interessiert die Unternehmen, die Sie für Vorträge buchen, am meisten? Vor allem das Thema Tinnitus stößt auf Interesse. Meinen Schwerpunkt aber habe ich auf die Kombination von Schwerhörigkeit und Burnout gelegt. Denn es gibt Studien, die da einen klaren Zusammenhang belegen. So sind schwerhörige Angestellte vier Mal so viel krank wie Guthörende und geben drei Mal so häufig Burnout-Symptome als Ursache an. Das sind wirklich erschreckende Zahlen. Doch leider kennt kaum jemand den Zusammenhang zu einer Schwerhörigkeit und so wird darüber auch kaum aufgeklärt. Auch der normale Betriebsarzt hat davon so gut wie nie etwas gehört. Bei den Betroffenen sieht es nicht anders aus: Viele meiner Klienten kommen aus dem Burnout oder haben ihre Arbeitszeit reduziert. Auf die Idee, dass das mit ihrer Schwerhörigkeit zusammenhängen könnte, kommt auch von denen keiner! Die meisten denken, ihr Leben sei grundsätzlich zu anstrengend, sie werden eben älter oder es fehle ihnen schlicht an Energie. Was haben diese Studien, die Sie erwähnten, genau zutage gefördert? Sehr viel sehr Interessantes! Eine Studie belegt zum Beispiel, dass Schwerhörige einen übermäßigen Erholungsbedarf haben. Dieses Risiko erhöht sich für einen Angestellten mit leichter Hörminderung schon um 20 Prozent. Denn das Schließen der akustischen Lücken in der Kommunikation ist auch da schon zusätzliche Arbeit. Nur wissen viele Menschen offenbar nicht, dass sie überhaupt schwerhörig sind und schon gar nicht, dass ihre Müdigkeit im Zusammenhang mit einer Schwerhörigkeit stehen könnte. Leider sind diese Studien auch kaum bekannt. Ich möchte die Ergebnisse nun publik machen und hoffe, dass auch Unternehmen das Thema gezielt aufgreifen. Was kann ein großes Unternehmen Ihrer Meinung nach konkret tun, um hörgeminderten Mitarbeitern den Arbeitsalltag zu vereinfachen? Da gibt es vieles. Das Interessante ist, dass es hierbei nicht allein um bessere Bedingungen für Schwerhörige geht. Denn alle Mitarbeiter profitieren von diesen Maßnahmen. So ist zum Beispiel erwiesen, dass eine schlechte Raumakustik auch die Gedächtnisleistung von Guthörenden beeinträchtigt. Die Raumakustik zu verbessern, ist daher für alle von Vorteil. Und zwar nicht nur in den Büros. Vor allem die Kantine ist ein wichtiger sozialer Treffpunkt und zugleich meist ein akustischer Albtraum. Eigentlich soll die Mittagspause ja eine Erholung für die Mitarbeiter sein. Doch in vielen Kantinen herrscht eine Lautstärke, die mir das fraglich erscheinen lässt. Das Thema Raumakustik wäre also das eine. Das andere ist es, eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der das Thema Hörminderung akzeptiert wird. Wenn man problemlos sagen kann, dass man aufgrund einer Schwerhörigkeit gerne auf einem bestimmten Platz sitzen möchte, da die akustischen Bedingungen dort am besten sind, wäre das ein Gewinn nicht nur für den Betroffenen. Denn auch das Umfeld profitiert davon, wenn es auf die Beiträge des Schwerhörigen nicht länger verzichten muss. Das erkennen viele aber nicht von alleine. Stattdessen ist es oft so, dass man gerade in Führungspositionen ein Stück weit seine Autorität einbüßt, wenn man quasi „zugeben muss“, dass man etwas nicht verstanden hat. Über Vorträge an betrieblichen Gesundheitstagen und das parallele Einladen eines Akustikers kann da schon einiges erreicht werden. Mir ist wichtig, dass Arbeitgeber und Angestellte verstehen, dass man nicht erst hochgradig schwerhörige Kollegen benötigt, damit Schwerhörigkeit ein Thema ist. Denn von den Angestellten, die kurz vor der Rente stehen, ist statistisch gesehen jeder vierte schwerhörig. Es wäre also längst für alle an der Zeit, sich darum zu kümmern. Neben Unternehmen bieten Sie Ihre Arbeit auch Privatpersonen an. Wie kann man sich in diesen Fällen das Coaching von Ihnen vorstellen? Die meisten Privatpersonen, die zu mir kommen, haben beruflich oder privat bereits große Schwierigkeiten. Viele sind krankgeschrieben, tragen durchaus Hörgeräte, haben aber noch keine zufriedenstellende Lösung für den Umgang mit ihrer Schwerhörigkeit gefunden. Diese Menschen unterstütze ich darin, wieder aktiv am sozialen Leben teilzuhaben. Auch, indem sie das Umfeld mit einbeziehen. Dafür lasse ich mir deren Situation beschreiben und kläre gemeinsam mit ihnen, welche vielfältigen Folgen ihre Hörminderung konkret mit sich bringt. Denn zu dem sozialen Ausschluss kommen ja oft noch eine hohe Erschöpfung, eine fehlende räumliche Sicherheit, eine zunehmende persönliche Unsicherheit und vieles mehr hinzu. Vielen ist das schlicht nicht klar. Doch wer Lösungen finden möchte, muss zunächst die Ursachen und Zusammenhänge erkennen, verstehen und anerkennen. Das kann schmerzhaft sein, ist aber unumgänglich. Ziel meiner Arbeit ist es, individuelle Lösungen für den einzelnen Klienten zu finden, z.B. für das nächste Familienfest oder die Kommunikation dem Chef und den Kollegen gegenüber. Entscheidend dabei ist, wie die Betroffenen dem Umfeld gegenüber auftreten. Denn ohne die Mitarbeit des Umfeldes ist ein Schwerhöriger aufgeschmissen. Wer wütend wird oder immer nur wiederholt, dass er doch schwerhörig ist, der kommt damit oft nicht weiter. Was kann man tun? Das Umfeld muss lernen, was genau von ihm erwartet wird und erkennen, dass diese Unterstützung im eigenen Interesse ist. Denn wer einen Schwerhörigen integriert, profitiert, wie schon gesagt, ja auch selber von dessen Humor oder Beiträgen etc. Das Umfeld zu dieser Erkenntnis zu bringen, ist nicht einfach, aber möglich. Die Betroffenen müssen dafür selber aktiv werden und mit sich und ihrer Hörminderung im Groben und Ganzen im Reinen sein. Das klassische Problem eines Schwerhörigen ist ja, dass er akustisch außen vor ist und dadurch in eine Passivität gedrängt wird, aus der er oft keinen zielführenden Ausweg sieht. Also zieht er sich zurück und verschwindet leise und traurig in der Isolation. Davon muss er sich befreien und selbstbewusst in die Offensive gehen. Denn als Schwerhöriger ist man meiner Meinung nach selber in der Verantwortung, die anderen freundlich, bestimmt und ohne Selbstmitleid darüber aufzuklären, was genau man für eine gelungene Kommunikation benötigt. Wer darauf wartet, dass das Umfeld da von alleine drauf kommt, der wird enttäuscht werden. Ist das Coaching von Privatpersonen etwas Längerfristiges oder läuft das auf einen einzigen Termin hinaus? Die meisten Klienten sind nach zwei Terminen schon glücklich, auch wenn ich gerne noch mehr Termine mit denen hätte. Aber die finden nach diesen beiden Sitzungen offenbar schnell von alleine weitere Lösungswege – was auch einleuchtet. Denn wenn man einmal erkannt hat, dass es deutlich besser läuft, wenn man seine Bedürfnisse aktiv kommuniziert, macht man da schnell Fortschritte. Das entwickelt sich zu einer Art Schneeballsystem im positiven Sinne. Dass ich nach nur zwei Terminen von den Klienten oft ein Dankesschreiben und Pralinen zugeschickt bekomme, scheint das zu bestätigen. Und Ihre Klienten zahlen das privat? Ja, die Kassen übernehmen das nicht. Gesetzlich gibt es hier keine Spielräume. Ich habe mich dazu mit einem Professor für Patientenrecht ausgetauscht, der mir die Gesetzeslage erläutert hat. Demnach gibt es keine Möglichkeit, für die Ohren eine Behandlung von der Kasse bezahlen zu lassen. Für andere Belange gibt es zum Beispiel die Krankengymnastik, für die Stimme gibt es die Logopädie – die Ohren aber sind da nirgends vorgesehen. Schon Audiotherapeuten sind nicht anerkannt. Die einzige Zulassung, die hier möglich wäre, wäre also über Umwege über die Logopädie oder über die Psychotherapie. Als Logopädin sehe ich mich nicht. Und Psychotherapie fände ich zwar interessant, aber der Weg dahin ist mir mit einer achtjährigen Ausbildung eindeutig zu lang. Bevor Sie Audio Coach wurden, waren Sie unter anderem Projektleiterin in einer Designagentur und später Kommunikationsmanagerin bei einem Medizintechnik-Hersteller. Was hat Sie veranlasst, die Branche zu wechseln? Der Wechsel war ein klarer Cut. Ich konnte mit meiner Hörschädigung in dem Bereich so nicht mehr weitermachen. Als Beraterin und Projektleiterin war ich zwölf Jahre sowohl für die Kunden als auch die vielen internen und externen Mitarbeiter der Agentur die eine Anlaufstelle für alle Fragen. Ich musste also viel telefonieren und permanent als Ansprechpartner und Konfliktlöser zur Verfügung stehen. Doch Telefonieren ging irgendwann nicht mehr und Gespräche in der Runde wurden zunehmend anstrengend. Ich habe eine sehr ungewöhnliche Hörkurve, muss man dazu wissen, die nur sehr schwer zu versorgen ist. Alle Versuche, das Telefonproblem zu lösen, sind leider gescheitert. Auch eine Hörgeräte-Versorgung ist bei mir nicht einfach. Doch mein Hörvermögen wurde immer schlechter – so konnte es auf lange Sicht nicht weitergehen. Also wechselte ich zunächst als Kommunikationsmanagerin zu einem Medizintechnik-Hersteller. Nun stand ich auf der anderen Seite und konnte es als Auftraggeber den Agenturen oder anderen Lieferanten überlassen, Lösungen zu finden, um ohne Telefon mit mir zu kommunizieren – sei es per Email oder im direkten Gespräch. Das ging zwar erstaunlich gut, dennoch war mir schnell klar, dass das keine finale Lösung für mich ist. Also machte ich nebenher eine Ausbildung zum systemischen Coach sowie in Bad Nauheim eine einjährige berufsbegleitende Weiterbildung zur Audiotherapeutin. Anfang 2014 habe ich dann den Absprung gewagt und mich selbstständig gemacht. Sie sagten, Ihr Hörverlust sei sehr schwierig zu versorgen … Mit 20 hatte ich auf dem rechten Ohr einen Hörsturz, davor hatte ich dort schon einen Tinnitus. Mit dem Hörsturz kam ein Tieftonverlust, der sich mit der Zeit immer weiter verschlechtert hat und weiter in die Mitte gewandert ist. Auch die ganz hohen Töne sind inzwischen betroffen. Nur bei 6.000 Hertz habe ich einen Peak von 0 db Verlust. Davor und danach geht es um 60, 70 dB runter. Die linke Seite war früher gut, passt sich dem rechten aber leider mehr und mehr an. Eine solche Kurve sieht nicht nur abenteuerlich aus, sie macht es einer Versorgung auch sehr schwer. Bei 65 dB habe ich mit Hörgeräten in der Kabine keine 50 Prozent Sprachverstehen mehr. Das mag jetzt hier im Gespräch vielleicht anders wirken, weil wir uns flüssig unterhalten können. Aber die Fakten sehen anders aus. Haben Sie aus Ihrer Situation heraus auch begonnen, sich für Hörgerätetechnologie zu interessieren? Nein, denn ich habe nicht den Eindruck, dass es an der Technik liegt. Die leistet schon sehr viel. Am Handwerk der Akustiker liegt es ebenfalls nicht. Das ist einfach meinem seltsamen Hörverlust geschuldet. Denn ein entsprechend lautes Signal überall da, wo was fehlt, verbessert mein Sprachverstehen nicht. Denn diese 6.000 Hertz, bei denen ich noch gut höre, werden bei großer Verstärkung der tiefen Töne überdeckt, so dass man diese Frequenz auch verstärken muss – nur bin ich da sehr lautstärkeempfindlich. Sobald in den Bereichen zu viel kommt, überblendet das alles und ich verstehe ebenfalls nichts mehr. So kommt man bei mir sehr schwer zu einer Lösung. Ich habe mich damit angefreundet und bin mir zudem sicher, immer irgendwie einen Weg zu finden, der mich weiter kommunizieren lässt. Auch wenn es mit zunehmendem Alter vermutlich zunehmend schwierig werden wird. Aber ein CI ist ja auch eine denkbare Lösung. Sie waren als Referentin bei der diesjährigen Oticon-Roadshow. Dort haben Sie u.a. davon berichtet, wie wichtig für Sie räumliches Hören ist… Ja! Dieser Aspekt wird von Guthörenden gerne unterschätzt. Wer gut hört, kann sich kaum vorstellen, wie verunsichernd eine fehlende räumliche Zuordnung von Geräuschquellen ist. Ich persönlich habe da einen gewissen Mut zur Lücke entwickelt, da es mir zu anstrengend ist, jedes Geräusch über die Augen zu überprüfen. Aber den muss man erst mal haben und er birgt auch das Risiko, etwas Wichtiges nicht mitzubekommen. Permanent nicht genau zu wissen, was um einen herum passiert, ist in jedem Fall schwierig und das Kompensieren durch die Augen sehr anstrengend. Können Sie als Audiotherapeutin von Ihren vorherigen Tätigkeiten in irgendeiner Form zehren? Nein, das sind schon zwei sehr unterschiedliche Bereiche. Dafür aber habe ich meinen Tätigkeitsbereich erweitert und berate inzwischen auch Hörgerätehersteller und Akustiker. Denn als Marketingexpertin, Texterin, durch die Kenntnis der ganzen Studien und meine eigene Betroffenheit kann ich einerseits die Konzepte zur Kommunikation an den schwerhörigen Endverbraucher erstellen, gleichzeitig alles selber texten und zudem immer überprüfen, ob ich mich als Schwerhörige angesprochen fühle oder nicht. In der Kombination ist das für Akustiker-Zusammenschlüsse oder Hörgeräte-Hersteller sehr interessant. Wie sieht Ihre Tätigkeit für Hörgerätehersteller und Akustiker konkret aus? Ich halte Vorträge über die verschiedenen Studienergebnisse, die oft auch für Akustiker sehr interessant sind. Außerdem berate ich das jeweilige Marketing konzeptionell einerseits und texte andererseits. Das habe ich schon früher zu Agenturzeiten viel gemacht. D.h. ich schlage sozusagen als Expertin vor, was man tun kann, um Hörgeschädigte anzusprechen – und setze vieles davon dann als Texterin selber um. Sollten auch Layouts benötigt werden, hole ich mir eine Grafikerin mit ins Boot. Wenn Sie das Marketing beraten – finden Sie demnach, dass die Werbung für Hörgeräte verbesserungswürdig ist? Ich finde, dass die Werbung für Hörgeräte oft an den Problemen der Betroffenen vorbeigeht. Klassische Werbeagenturen stehen da offenbar vor einem Problem. Die können sich als Guthörende nicht vorstellen, wo genau die Herausforderungen eines Lebens mit Hörminderung liegen und fahren dann schnell mal in die falsche Richtung. Bei der Werbung, die einige Hörakustiker machen, verhält es sich oft ähnlich. Auch da sitzen Guthörende, die durch das Tagesgeschäft zwar täglich mit Schwerhörigkeit zu tun haben – und dennoch oft nur vermuten können, was genau auf der anderen Seite stattfindet. Als selber Betroffene kann ich dagegen sehr differenziert wahrnehmen, was mich anspricht und was nicht, selber Ideen entwickeln und dann vor allem die richtigen Worte finden, damit auch andere Schwerhörige sich angesprochen fühlen. Was läuft Ihrer Meinung nach oftmals falsch in der Werbung für Hörgeräte? Es geht permanent um das Thema Hören. Nur hat der Betroffene meist nicht den Eindruck, dass das Hören als solches für ihn ein Problem darstellt oder anstrengend ist. Denn was er nicht hört, weiß er ja nicht. Für ihn ist das Verstehen schwierig – nicht das Hören. Wenn man also in der Hörgerätewerbung sagt, man könne mit einem Hörgerät wieder wie früher hören, dann weiß ich als Betroffene oft erst mal nicht, wieso das eine Lösung für mich sein soll. Aber ins Kino zu gehen wie früher, oder ins Theater, oder wieder mit entspannter Selbstverständlichkeit das Umfeld zu verstehen – das ist etwas, womit man die Leute locken kann. Das heißt, die Werbung spricht Sie vor allem wegen der Wortwahl kaum an? Richtig. Auch wenn ich im Netz etwas lese, habe ich oft den Eindruck, dass das grobe Thema zwar das richtige ist, die Wortwahl oder die Interpretation aber haarscharf daneben gehen. Und hier sehe ich meine Stärke. Das Feedback auf die Broschüre „Tipps für den Start“, die ich z.B. für Oticon getextet habe, ist daher auch entsprechend positiv. Ich glaube, dass Hörgeschädigte mehr informiert werden müssten. Nicht über die Features oder Farben eines Hörgerätes, sondern über die direkten Folgen einer Hörschädigung und die vielzähligen Möglichkeiten, diese gering zu halten. Wer nicht weiß, wie hoch der Preis ist, den er hinsichtlich seiner Lebensqualität zahlt, wenn er sich gegen ein Hörgerät entscheidet, der wird immer den vermeintlich einfachen und kostengünstigen Weg gehen und ohne Versorgung bleiben. Erst wer verstanden hat, dass seine Hörschädigung verschiedenartige und oft schwerwiegende Einbußen mit sich bringt – die ja oft schon da sind, sie werden nur anderen Ursachen zugeschoben – ist bereit, aktiv nach Lösungen zu suchen und sich in dem Zuge auch die Freundschaft zu einem Hörgerät zu erarbeiten. Denn auch das ist ja kein Selbstgänger. Auch hier kommuniziert die Werbung oft irreführend. Wie beurteilen Sie die Bildsprache in der Werbung für Hörgeräte? Sind einige Motive nicht vielleicht etwas zu elitär? Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Aber wo Sie das sagen, können Sie durchaus Recht haben. Denn oft sehe ich den Gedankenfehler, dass die Premiumgeräte so beworben werden, als wären sie allein etwas für die Besserverdiener. Der zusätzliche Komfort, der von der Kassenleistung nicht abgedeckt wird, wird als Luxus angepriesen, den man sich leistet, wenn man kann. Dabei geht es doch nicht darum, sich Luxus zu gönnen, sondern darum, durch Hörgeräte so viel wie möglich von dem zurückzuerhalten, was die Hörschädigung einem genommen hat. Schlechter als ohne Hörschädigung stehe ich am Ende immer da – aber die Frage ist, wie viel schlechter. Ich finde daher, dass jeder darüber informiert werden sollte, dass es in seinem eigenen Interesse ist, möglichst viel Geld für gute Geräte aufzubringen. Wem klar ist, was in der Waagschale liegt – nämlich entweder einmal in den Urlaub zu fahren oder für die kommenden sechs Jahre sozial integriert zu sein, Geräusche wieder zuordnen zu können etc. – der wird sich ziemlich sicher für die Lebensqualität entscheiden. Wem das als Luxus verkauft wird, der fährt lieber in den Urlaub. Frau Verheyen, wir danken Ihnen für das Gespräch. |